Der PSSM 2 Forschungsstand

Unsere Pferde heute sind das Ergebnis einer bereits seit Jahrhunderten andauernden Selektion. Die Zucht zielte immer darauf ab, das bestmögliche Pferd für die verschiedenen Aufgaben zu züchten. Ob für die Feldarbeit, für den Krieg, für den Rennsport, als Westernpferd für Reining und Cutting oder als Spring- oder Dressurpferd. In der Vergangenheit baute die Pferdezucht in erster Linie auf Erfahrung, Beobachtung und Augenmaß auf. Leistungsstarke Linien mit gutem Exterieur wie Interieur wurden bevorzugt. Nur entsprechend gekörte Siegerhengste zeugten die nächste Generation.

Schimmel im Galopp, Pferd galoppiert unter Bäumen
Foto: Helena Lopes, Unsplash

Berühmte Beispiele: die Hannoveraner Hengste Donnerhall und Weltmeyer. Diese beiden Stempelhengste zeigen den enormen Einfluss eines einzigen Individuums auf die Zucht. So hat der berühmte Dressurvererber Donnerhall laut Rimondo 1442 Nachkommen, davon 120 gekörte Hengste und 450 Stuten. Im Pedigree fast jedes Dressurpferdes in Deutschland taucht Donnerhall-Blut an irgendeiner Stelle auf. Ähnlich verbreitet ist das Erbgut von Weltmeyer. Von dem Fuchs stammen 2.200 eingetragen Sportpferde ab, sowie 111 gekörte Hengste und 470 Staatsprämienstuten.

Die enge Auswahl hat jedoch ihren Preis. Das genetische Material der erfolgreichen Pferdefamilien kann genetische Varianten enthalten, die in der Generation der Siegerhengste noch sehr selten waren. Zeugt dann ein Hengst mit einer seltenen Variante, eine große Anzahl von Nachkommen, führt das dazu, dass die Häufigkeit dieses unerwünschten Merkmals in den nachfolgenden Generationen stark zunimmt.

Quellen:

http://equiseq.com/learning_center/health/polysaccharide-storage-myopathy-pssm
Reiter & Pferde 05/2020
Mein Pferd, Ausgabe 07/2021 Artikel: „PSSM2 – Die Trainingsintoleranz“
Equimondi, Professional Pferd Ausgabe 2/2019

Die Genetik ist ein Bereich der Biologie, der sich mit Vererbung und Variation beschäftigt. Wer Bio Leistungskurs hatte, ist jetzt im Vorteil. Was bekannt ist: Nachkommen neigen dazu, ihren Eltern zu ähneln. Aus einem Pärchen Shetlandponys lässt sich kein 175 cm großes Springpferd züchten. Dennoch sind die Nachkommen nicht immer genaue Abbilder der Elterntiere. Bei Haarfarbe, Größe, Eigenschaften und Gesundheit sind viele Varianten möglich.

Die Gene des Pferdes

Das gesamte genetische Material (Genom) eines Pferdes besteht aus über 20.000 Genen. Dieses Genom bildet die Blaupause für den Aufbau des Organismus. Jedes Fohlen trägt jeweils die Hälfte eines Gens von jedem Elternteil in sich. Gene bilden die Einheiten der Vererbung. Sie bestehen aus DNA (langen Eiweißketten). Sie steuern den Aufbau der Proteine im Körper. Schon kleinste Unterschiede in der Reihenfolge der Kette führen zu Unterschieden in den Merkmalen.

DNA, Doppelhelix in bunten Farben
Das Erbgut aller lebenden Organismen ist aus nur vier verschiedenen Nukleotiden aufgebaut.

Die Forschung steht noch am Anfang, wenn es darum geht, die Rolle einzelner Gene zu verstehen. Auch die 20.000 Pferdegene bestehen aus sehr langen Ketten aus Milliarden von Eiweißbausteinen, deren Kombinationen Millionen von Merkmalen und Eigenschaften erzeugen können.  

Geht es um die Fellfarbe, ist dieses Merkmal recht leicht zu entschlüsseln. Hier gibt es nur eine sehr begrenzte Anzahl genetischer Varianten, die leicht zu lokalisieren sind. Leistungsmerkmale oder auch vererbte Krankheiten sind nicht so einfach zu bestimmen. Da die betroffenen Proteine oft an eine Vielzahl von Genen gekoppelt sind.

Genetik und Epigenetik

Die Erforschung dieser Grundlagen wird die Zucht sicher verbessern. Sie kann Züchtern helfen, Krankheiten wieder „herauszuzüchten“. Und es kann vor allem – im Fall von PSSM 2 – Reitern und Besitzern helfen, ihre Pferde besser zu verstehen und zu managen. Gerade bei Fütterung, Haltung und Stress kommt ein sehr neues Forschungsfeld der Genetik ins Spiel – die Epigenetik. Sie untersucht den Einfluss der Umwelt auf die Gene. Denn die ererbten Merkmale eines Organismus werden viel stärker von äußeren Reizen beeinflusst, als bisher angenommen. Nature vs. Nurture. Die passenden Umgebung, das Training und die Ernährung können sehr viel mehr Positives bewirken, als man bisher angenommen hat.