PSSM 2 Varianten und ihre Auswirkungen
Die verschiedenen Myophatien verstehen
Bei PSSM Typ 1 sind die Veränderungen in Muskelzellen völlig andere als bei PSSM Typ 2. Bei Letzterem kommt es zu einer Instabilität in den Strukturen der kleinsten Muskelzellen (Myofibrillen und Sakomeren). Durch die Genmutation können bestimmte Eiweißbausteine nicht gebildet werden und fehlen. Zu diesen Bausteinen gehören, je nach Variante, die Proteine Myotilin, Filamin C, Myozinin 3. Weshalb die Bezeichnung der Erkrankung korrekterweise Myofibrillare Myophatie, also MFM, heißen müsste.
„Reiten ist erst dann eine wahre Freude, wenn du durch eine lange Schule der Geduld, der Feinfühligkeit und der Energie gegangen bist, die dir das Pferd erteilt“.
Rudolf G. Binding
Warum Stress Muskelzellen schädigt
Bei akutem Stress verbrauchen die Muskelzellen der Pferde mehr Protein, als sie normalerweise mit dem Futter aufnehmen können. Die benötigten Eiweißbausteine werden aus dem Organismus, also der Muskulatur, genommen und der Muskel wird geschwächt. Man spricht dann von einer negativen N-Bilanz (N lat. Nitrogenium für Stickstoff), der Auslöser eines PSSM 2 Schubes werden kann.
Negative Stickstoffbilanz
PSSM 2 Pferde benötigen also weit mehr Eiweiß als gesunde, um die Folgen der negativen Stickstoff-Bilanz, wie Muskelabbau, Depression und Muskelkrämpfe aufzufangen. Die Proteinspeicher müssen gut gefüllt sein. Die Fütterung sollte deshalb aus hochwertigen Aminosäuren bestehen, die auch Lysin, Methionin und Threonin enthalten. Damit lassen sich auch Schübe verhindern.
Sechs Varianten, zahlreiche Symptome
Im Augenblick sind sechs Untertypen von PSSM2 bekannt: P2, P3, P4, P8, Px und K1. Theoretisch sind alle Kombinationen dieser Varianten möglich. Diese sind für unterschiedliche Symptome verantwortlich (siehe hierzu auch: Menüpunkt „Symptome„) und brauchen dementsprechend unterschiedliches Management.
Erkrankte Pferde können die Veränderung auf einem Chromosom tragen, wenn es nur von einem Elterntier vererbt wurde. Dann spricht man von mischerbig oder heterozygot. Oder die Mutation wurde von beiden Seiten vererbt, dann ist das Merkmal reinerbig bzw. homozygot. Letzteres führt zu einem stark erhöhten Risiko, dass das Pferd Symptome entwickelt. Reinerbige Mutationen werden auf jeden Fall an die Nachkommen weitergegeben. Siehe dazu auch die Rubrik „Definition„.
So wirken sich die Genvarianten auf Zellebene aus
Defektes Protein | Chromosom | Vererbung | Auswirkung | |
P1 | GYS 1 | 10 | semidominant | PSSM1 |
P2 | MYOT/Myotilin | 14 | semidominant | Aktin-bindendes Protein, das Teil der Z-Scheibe im Sarkomer ist |
P3 | FLNC/Fimamin C | 4 | semidominant | Aktin-bindendes Protein, das Teil der Z-Scheibe im Sarkomer ist |
P4 | MYOZ/Myozenin | 14 | semidominant | Protein der Z-Scheibe, das andere Z-Scheibenproteine im Sarkomer bindet |
Px | CACNA2D3/ Ca2+Inonen-Kanal | 16 | semidominant | Regulation der Ca2+-Konzentration im Muskel |
P5 | unbekannt | rezessiv | ||
P6 | unbekannt | rezessiv | ||
P8 | PYROXD1 Pyridinnukleotid-Disulfid Oxidoreduktase-Domäne 1 | semidominant | Körpereigene Antioxidantien im Sakomer, fängt freie Radikale und schützt vor Schäden und Entzündungen | |
K1 | COL6A3/ Kollagen Alpha-3 Ketten | semidominant | Hauptprotein im Bindegewebe, sorgt für Zusammenhalt und Elastizität im Muskel Beim Menschen: Bethlem-Myopathie |
Was passiert bei P2, P3, P4, P8, Px und K1?
Bei allen Myofibrillären Myopathien MFM (P2, P3, P4 und P8) ist die Proteinproduktion gestört, was zu einer Instabilität der kleinsten Einheiten der Muskelzellen führt. Die Sakomere, aus denen alle Muskeln aufgebaut sind, verlieren an Stabilität.
Erfahrungsberichte zu Pferden mit der P2-Version besagen, dass diese Pferde besonders von Mangan-Zugaben profitieren und sehr positiv auf Wärme reagieren.
Quellen:
Reiter & Pferde, Ausgabe 05/2020
Mein Pferd, Ausgabe 07/2021 Artikel: „PSSM2 – Die Trainingsintoleranz“
Equimondi, Professional Pferd Ausgabe 2/2019
equiseq.com/learning_center/health/polysaccharide-storage-myopathy-pssm
Px hat eine Sonderstellung. Die Variante scheint die Symptome anderer Myopathien zu verstärken. Hier ist das Protein im Kalzium-Kanal der Muskelzelle betroffen, was die Übertragung von Nervensignalen zum Muskel steuert. Diese Pferde neigen zu Übereregbarkeit.
Die Variante P8 bewirkt eine gestörte Wirkung bei oxidativem Stress. Reparaturprozesse können nicht so gut ausgeführt werden. Es besteht ein erhöhter Bedarf an Antioxidantien.
K1 ist eine Störung des Kollagens, des Bindegewebes, dass die Muskeln umschließen. Es führt zu einer Schwächung des Gewebes.
Welche Maßnahmen diese Muskelschwächen ausgleichen, findest du im Kapitel PSSM 2 managen.